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Kronogard

von zahlreichen premieren

Von den Stromschnellen verschlägt es uns über eine "gravel road" zum Campingplatz Kronogard. Auf der ca. 14 km langen Schotterpiste bis zu diesem schönen Plätzchen sind wir heilfroh, dass uns kein beladener Holz-LkW 🪵🚛 in voller Fahrt entgegendonnert, sondern nur ein langsamer Bagger. Heinz sind in ähnlichen Situationen in Kanada schon mehrmals Frontscheiben durch Steinschlag kaputt gegangen. Glück gehabt! 🍀

 

Als wir ankommen, scheint die Anmeldung verlassen. So drehen wir erst einmal zu Fuß eine Runde, um zu schauen, wo zwischen den doch zahlreichen Dauercampern mit Wohnwägen und kleinen Hütten überhaupt freie Stellplätze auf dem Gelände zu finden sind. Die beiden am See sind jedenfalls belegt von zwei schwedischen Paaren und ansonsten entdecken wir auf den ersten Blick nicht viele Möglichkeiten. Einer der Dauercamper, der gerade mit seinen "Nachbarn" am Ratschen ist, kommt recht bald auf uns zu, zeigt uns, wo wir auf einem kleinen Hügel stehen können und marschiert dann mit uns weiter zum Wohnhaus der Vermieter. Wir sehen ihn in den nächsten Tagen noch ein paar Mal, wenn er auf dem Gelände mit dem Quad vorbeifährt und winken ihm zu. 

Ein anderer Dauergast, dessen kleiner Bodyguard (ein Schoßhund 🐶 von ca. 20 cm Höhe) Heinz mächtig ankläfft, ist auch sehr gesprächig. Nach einem längeren Plausch lädt er uns am Abend ein, mit in die Sauna 🧖‍♀️zu kommen, die vor allem im Norden von  Schweden (und fast immer auch in Finnland, wie wir mittlerweile wissen) entweder in der Stellplatzgebühr enthalten ist oder separat gegen Gebühr aufgeheizt wird. Nachdem das Wetter so schön ist, reizt uns die Sauna nicht besonders, aber das Angebot ist sehr nett. Übrigens geht von der hiesigen Sauna gleich ein Zufluss in den See, über dem in einem einfachen Rohr die Starkstromleitung verläuft! Spannend! ⚡️😆

 

Überhaupt haben wir mit den Menschen in Schweden 🇸🇪 👫 ein sehr gutes Auskommen. Sie drängen sich nicht auf, sind aber sehr freundlich, hilfsbereit und auch zugänglich, wenn man ins Gespräch kommen möchte. Und sie haben keine 100.000 Regeln, sondern nehmen aus unserer Wahrnehmung alles ein wenig lockerer. 👍🏼 Nur beim Autofahren und in Sachen Umweltschutz, da sind sie keine Weltmeister. 🤷🏻‍♀️ Aber das ist eine andere Geschichte.

 

Nachdem wir mitten im Wald 🌲sind und nicht nur am Platz, sondern auch in der Nähe mehrere Seen liegen, ziehen wir uns wieder feste Schuhe 🥾an und marschieren drauflos. Es ist zwar so gut wie kein Verkehr auf der Schotterstraße, die in einigen Kilometern endet, trotzdem entscheiden wir uns für den parallel verlaufenden Feldweg. Von denen gibt es jede Menge, die im Winter mit Snowmobilen ❄️   befahrbar und mit einem roten, schrägen Kreuz ❌ gekennzeichnet sind. 

 

Wir gehen gar nicht lange, als Heinz mich plötzlich zurückhält, weil uns ein Tier entgegenläuft. Bei genauerem Hinsehen ein einzelnes Rentier. 🦌 Erst bin ich erschrocken, weil es eine Weile direkt auf uns zu galoppiert und doch relativ groß ist, dann merke ich, dass es dem Rentier grad gleich zu gehen scheint. Es bleibt stehen, mustert uns eine Weile, scharrt ein wenig mit den Hufen und springt dann durch den Wald davon. Mein Herz klopft ziemlich schnell und ich bin einfach nur happy über diese schöne Begegnung. 

 

Über beide Ohren grinsend 😁 marschieren wir weiter durch die Taiga, was angesichts des zunehmend sumpfigen Untergrunds und der unzähligen Mosquitos 🩸🦟 für die Heinz und ich ein wandelndes Buffet darstellen, irgendwann mühsam wird (ma künnt grad sega, es valoadet üs a kle). Viele Stellen, an denen wir nicht gestochen werden, bleiben nicht übrig. Sogar durch die Haare in die Kopfhaut stecken sie ihren Rüssel. Blutsauger 🧛‍♂️ sind übrigens nur die Weibchen. Das brauchen sie für die Eiablage, um den Nachwuchs zu sichern. Mir persönlich wäre es ja egal, wenn die Stechmücken aussterben, allerdings hätte das auch unmittelbare Folgen für viele andere Tiere, wie etwa Fische oder Vögel, die sich von ihnen ernähren. Und am Ende der Nahrungskette (zumindest bei den Nicht-Vegetarieren, Veganern...) stehen ja bekanntlich wir. 🔄

 

Ganz am Ende des Weges kommen wir ziemlich verschwitzt an den nächsten wunderbaren See, an dessen Ufer auch ein Weg verläuft. Wie er heißt, könnt ihr am sympathischen Wegweiser oben auf dem Foto lesen. 🔝 Am Ufer verläuft ein schöner Weg, den wir gerne noch ein Stück entlanglaufen. Dann wird es langsam Zeit für den Heimweg und eine Dusche. 🚿

 

Ich kann mein Glück kaum fassen, dass uns das Rentier (ab jetzt "mein Rudi") wieder munter, diesmal auf der Straße, entgegenläuft. Der Gang ist einmalig! Nachdem wir ihn diesmal von der Weite sichten und er uns wohl auch schon als ungefährlich kennt, lässt er sich soviel Zeit, dass ich ein kurzes Video 🎥 von ihm machen kann. Wer mag (ist echt sehenswert), kann sich´s auf Instagram anschauen. Und sogar ein 3. Mal begegnen wir ihm. Erst beobachtet er mich beim Wäsche auslüften, dann mustert er Heinz, als er aus der Dusche kommt. Glaub` Rudi ist neugierig.

 

Auch in anderer Hinsicht ist Kronogard eine Premiere für uns. Hier gibt es auf dem Weg eine Wetterrakete aus den 60er Jahren, die völlig frei zugänglich bewundert werden kann, und das Thermometer zeigt bereits am späteren Vormittag über 30 Grad an. 🥵 Da gibt´s jetzt echt keine Ausrede mehr für eine schnelle Abkühlung. 👙💦 Ich lasse mich vom Steg ins Wasser fallen. Langsam reingehen geht sich für mich bei gefühlten 17 Grad 🥶 nicht aus. Nach ein zwei kurzen Schreien und einigen Minuten fest strampeln wird das Wasser herrlich. Zumindest für mich. Heinz bringt man eher nur mit Neopren und Badetemperaturen 🙊 zum Tauchen ins Wasser. Aber was soll´s, so habe ich den ganzen See für mich allein. Die sonstigen Bewohner sehe ich nur von Zeit zu Zeit im Wasser springen. 

 

Die Sonne geht übrigens rund um "Midsommar", wie die Sonnwende hier heißt, und so nahe am Polarkreis gar nicht unter. Und so gibt´s im Moment zahlreiche "white Nights" in denen es so hell ist, dass ich die halbe Nacht ohne Lampe Bücher 📖 🤓 lesen kann. Ungefähr 20 sind mittlerweile zusammengekommen. Eins davon, einen Thriller, den ich in 2 Tagen verschlungen habe, möchte ich gerne empfehlen. Es heißt "Die Nordseite des Herzens" und entstammt der Feder der Spanierin Dolores Redondo. Vielen Dank für das schöne Geschenk, Elisabeth! 🤗