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Tulppion Majat

An der finnisch-Russischen Grenze

Nach 6 Tagen "wild campen" auf einem Schotterplatz bzw. einer Wiese am Fluß irgendwo im Nirgendwo geht die Reise weiter in den Norden von Lappland, genauer gesagt nach Tulppio, das ca. 19 km westlich der russischen Grenze liegt. 

 

Auf dem Weg dorthin begegnet uns wieder ein Rudel Rentiere 🦌🦌🦌 das im Gänsemarsch über die Schotterstraße trabt und bald auf einem Forstweg in der Taiga verschwunden ist. Mich faszinieren diese Tiere jedesmal, obwohl man sie hier oben beinahe so oft sieht, wie in Schweden Pferde oder zuhause auf der Alp die Kühe. In Schweden und Finnland gehören offenbar alle Rentiere irgendjemandem und sind - nachdem sie frei herumlaufen - meist mittels Halsbändern mit GPS Sender bzw. Ohrmarkierung gekennzeichnet. In Norwegen, Sibirien und Nordamerika leben noch größere, wilde Rentierherden. 

 

Wären wir der Straße immer geradeaus gefolgt, wären wir an einer der russischen 🇷🇺Grenzübergänge gelandet. Angesichts der leider schon viel zu lange angespannten Lage verzichten wir allerdings auf einen Visumsantrag und Abstecher dorthin. Grundsätzlich hat Finnland jahrelang einen freundschaftlichen Umgang zu den Nachbarn im Osten gepflegt und gerade auch hier in Lappland kamen oft russische Fahrzeuge herüber, um einzukaufen. Seit dem NATO Beitritt Finnlands wurde mit der Errichtung eines Grenzzauns begonnen. Weniger um im Zweifelsfall eine russische Armee vom Eindringen abhalten zu können, als eher Flüchtlinge aus dem Osten. Traurig, wie sich die weltpolitische Lage auch in diesem Fall zurück entwickelt. 😔😢

 

Unser heute bewusst ausgewähltes Ziel ist das Feriendorf Tulppion Majat, das offenbar in einer der letzten Wildnisse von Europa, der Koilliskaira am Ufer des Tulppiojoki und nahe des unter Fischern 🎣 bekannten Nuortti gelegen ist. Hier kommen vorwiegend Finnen, aber auch der eine oder andere Tourist her, um je nach Saison zu Angeln, Jagen, Kajak zu fahren oder auch zum Rodeln und Langlaufen. Selbstverständlich verfügt das Camp neben ganzjährig anmietbaren, beheizten Holzhäuschen auch über eine Sauna und sogar ein gemütliches Restaurant mit 60 Plätzen. Hier am Empfang, im Service bzw. in der Pflege vom Servicehaus arbeiten lauter junge finnische Damen, die fast alle gut Englisch sprechen. Das Restaurant ist zu meinem Erstaunen täglich von 8 Uhr morgens bis 21 Uhr abends geöffnet und das, obwohl recht wenig los ist, sieht man vom Bikertreffen am vergangenen Wochenende mit gefühlt hunderten Motorradfahrern einmal ab. Im Restaurant kocht eine junge Dame 👩🏼‍🍳hervorragende Burger (auch mit Rentier) 🍔, Pizzen 🍕oder selbstgemachte Waffeln 🧇🫐. Und es gibt immerhin eine Speisekarte auf Englisch ohne die wir völlig aufgeschmissen wären. Im Unterschied zu Schweden ist hier nämlich so gut wie gar kein Wort verständlich bzw. erahnbar. 😵‍💫 Ich kann gerade mal Hei/Moi (Servus), Joo (Ja), Kiitos (Danke) und Ei (Nein). Beim Rest steige ich aus. Zu lang & zu kompliziert für mich. So gesehen ist es kein Wunder, dass die Finnen nicht gerade Plaudertaschen sind. Das wird sogar dem Einheimischen zu viel. 😆 DER Hauptgrund für Heinz, warum er die Finnen mag. Ich schätze vor allem ihre Freundlichkeit, Gelassenheit und große Hilfsbereitschaft. Auch wenn sie fast jedes Mal erst leicht verhuscht bzw. erschrocken dreinschauen, wenn man sie anspricht. Nach ein wenig Zeit, tauen die meisten dann auf und manchmal erntet man sogar ein kleines Lächeln. 😊👍🏼

 

Ursprünglich sind hier 3 Tage geplant, im Endeffekt werden es dann 6 Tage, weil Heinz leider einen Unfall hat und sich beim Kaffee machen durch eine kleine Unaufmerksamkeit mit heißem Wasser am Oberschenkel verbrüht. 😱🤬🤯 Extrem schmerzhaft und wirklich zum laut Schreien. Aber Gottseidank "nur" so, dass wir die Wunde selbst verarzten können und sie mit etwas Glück, Zähne zusammenbeißen und Geduld wieder ohne Narben verheilen sollte. Haltet uns die Daumen! 🍀🤞🏻

 

Auch wenn wir hier wieder relativ einsam sind (ca. 5 andere Camper auf dem Gelände neben den Anglern in den Holzhäusern), bekommen wir regelmäßig Besuch. Unter den herrlich duftenden Kiefern schaut immer wieder ein Eichelhäher 🪶vorbei, tausende Moskitos, Bremsen und Fliegen (ohne Zelt oder chemische Keulen ist´s nur wenige Stunden am Tag im Freien erträglich) und 2 bis 3 Mal täglich ein Rentier, das ich natürlich wieder Rudi taufe. An ihn nähere ich mich im Laufe der Woche immer weiter an und seit einem Trip durch die hiesige Taiga, weiß ich auch, wo er sich sonst gerne aufhält und mit wem. So können wir uns langsam auf weniger als 10 Meter an ihn herantasten und ihn und seine Gesellschaft in Ruhe beobachten, filmen und fotografieren. Herrlich, diese Rentiere. Aber das wisst ihr ja schon. 🤷🏻‍♀️💁🏻‍♀️

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